
Der Bund spielt bei der Bewältigung des Fachkräftemangels eine zentrale Rolle, indem er Rahmenbedingungen im Bildungs- und Forschungsbereich setzt und Massnahmen zur MINT-Förderung sowie zur Chancengleichheit finanziert. Dazu zählen z. B. die MINT-Mandate an die Akademien, die Gleichstellungsstrategie 2030 oder die Finanzhilfen im Rahmen der Förderprogramme zur Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben gemäss Artikel 14 des Bundesgesetzes. Diese Massnahmen zielen unter anderem auf eine Erhöhung des Frauenanteils in der MINT-Bildung und die überregionale Förderung von Initiativen zugunsten von Frauen in MINT-Berufen ab. Durch den koordinierten Ansatz, der die verschiedenen MINT-Initiativen miteinander verbindet und aufeinander abstimmt, wird deren Qualität erhöht und eine Skalierung ermöglicht. Diese Koordination ist entscheidend, um die Bildungs- und Berufswege von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen – unabhängig von ihrer Wohnregion – im Sinne der Chancengleichheit wirksam zu begleiten.
Nach dem Vorbild anderer föderalistischer Länder wie den USA oder Deutschland empfehlen wir die Entwicklung einer nationalen MINT-Strategie für die Schweiz. Dadurch erhalten wir einen langfristigen Fahrplan, der alle Akteur:innen (Kantone, Sozialpartner, Wirtschaft) einbezieht und eine gesamtheitliche strategische Ausrichtung ermöglicht. Ein Kompetenzzentrum könnte die Koordination der involvierten Akteur:innen übernehmen und durch den Austausch von Best Practices sowie die Förderung gemeinsamer Programme zur Verbreitung von MINT-Inhalten beitragen. Ziel ist es, MINT-Aktivitäten nachhaltig zu fördern und eine kontinuierliche Begleitung vom Kindesalter bis zum Berufsstart zu ermöglichen. Eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und die Sicherung von Fördermitteln sind entscheidend, um die MINT-Förderung langfristig erfolgreich zu gestalten.
Wichtig sind zudem Massnahmen zur Steigerung des Wissenschaftskapitals (Archer et al., 2015) der Bevölkerung: Nebst wissenschaftlichem Interesse und Wissen sollten auch das Vertrauen in die Wissenschaften und die mit ihr verbundenen sozialen und kulturellen Ressourcen erhöht werden. Zur Erhöhung des objektiven und subjektiven Werts der MINT-Wissenschaften in der Gesellschaft müssen die gesellschaftlichen Herausforderungen aufgezeigt werden, denen sich die Wissenschaft annimmt – auch bezüglich Inklusion (Evagorou et al., 2024). Weiter muss die Wissenschaft erlebbar gemacht werden durch zusätzliche Räume und Veranstaltungen, die der Bevölkerung die Faszination der Wissenschaft näherbringen. Dies kann folgendermassen aussehen:
In der Familienpolitik besteht insofern Handlungsbedarf, als dass die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben weiter erleichtert werden muss. Zahlreiche Studien belegen, dass die Erwartungen von Frauen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihre Berufswahl beeinflussen (Goldin, 2014; Cortes & Pan, 2016) und dass diese Überlegungen bereits in der Orientierungsphase stattfinden (Fassa, 2016). Durch einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und den Abbau bestehender Hindernisse könnten junge Frauen wirksam gefördert werden. Dazu gehören folgende Massnahmen:
Von diesen Massnahmen profitieren alle (und nicht nur Frauen!).
Insbesondere der akademische Bereich leidet weiterhin unter Diskriminierung und Geschlechterungleichheiten. Massnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit umfassen:
Zusätzlich sollten Bewertungskriterien in akademischen Laufbahnen überdacht werden, zum Beispiel durch alternative Modelle für wissenschaftliche Auslandaufenthalte und die Abschaffung von Altersgrenzen bei Förderprogrammen.