TecDay an der Kanti Baden: 1200 Jugendliche entdecken Technik hautnah

Roboter programmieren, Musik aus Elektroschrott produzieren oder mit einer Meeresbiologin in die Tiefsee abtauchen: Die Kantonsschule Baden wurde gestern Mittwoch zum Entdeckungslabor für rund 1200 Jugendliche. Beim MINT-Tag, organisiert in Zusammenarbeit mit dem TecDay der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW, erlebten die Schüler:innen Technik und Wissenschaft praxisnah, kreativ und voller Aha-Momente. Statt Schulbuch und Frontalunterricht standen über 60 Workshops, drei inspirierende Keynotes und Begegnungen mit Fachleuten aus der Schweizer Tech- und Forschungswelt auf dem Stundenplan.

Wissenschaftsunterricht mit praktischer Demonstration

Stellen Sie sich vor, Sie könnten einen Tag lang in die Rolle eines Cybersecurity-Experten schlüpfen, der Hackerangriffe abwehrt. Oder Sie könnten mit einer Meeresbiologin in die Tiefen der Ozeane tauchen, mit Google-Ingenieuren Roboter programmieren oder von einer Luftfahrtingenieurin erfahren, wie es ist, Raumfahrttechnik zu entwickeln. Was nach einem teuren Executive-Seminar klingt, war am Mittwoch Schulalltag an der Kantonsschule Baden. So sieht Bildung aus, wenn sie junge Menschen wirklich fesseln will. Rund 1200 Schüler:innen bekamen beim MINT-Tag einen Vorgeschmack auf ihre mögliche Zukunft. Und sicherlich auch den Gedanken: «Das will ich auch machen!» 

Wenn Fachleute aus der Praxis ins Klassenzimmer kommen 

«Wir möchten unsere Schüler:innen für MINT-Themen sensibilisieren und mit Themen verbinden, denen sie nicht im Schulalltag begegnen. Diese sollen ihr Bewusstsein stärken und sie zum Selbermachen animieren. Die Zusammenarbeit mit der SATW ist dabei sehr fördernd», sagt Prorektorin Irmgard Bühler über die Idee hinter dem Tag. 

In der Aula, wo am meisten Schüler:innen Platz finden, sprach die Meeresbiologin Silvia Frey von KYMA sea conservation & research und zeigte auf, welche dramatischen Folgen die industrielle Fischerei für unsere Meere hat. Für mehr Lacher sorgte der zweite Speaker in der Aula, Fabian Unteregger. Der Comedian und Arzt brachte das Publikum mit humorvollen Anekdoten zum Schmunzeln und gab gleichzeitig praktische Tipps für das Berufsleben. 

Vortrag über MINT vor einer grossen Zuhörerschaft

Rund 60 Workshops an einem Tag 

Bei den vielfältigen Angeboten zeigte sich die ganze Bandbreite dessen, was moderne Wissenschaft und Technik zu bieten haben: Beim Live Hacking der ZHAW School of Engineering lernten die Jugendlichen Cybersecurity in der Praxis kennen. Auf dem gleichen Stock des grosszügigen Areals der Kanti Baden erklärte Valentin Schlattinger, Software-Ingenieur bei Google in Zürich, den Schüler:innen, wie sie einen eigenen Roboter bauen können. Schülerin Isabella sagt: «Mich hat das Thema Robotik schon länger interessiert, aber bisher hatte ich nur theoretische Kenntnisse. Jetzt kann ich diese in der Praxis anwenden.» 

Workshops, bei denen die Schüler:innen selbst Hand anlegen konnten, erfreuten sich grosser Beliebtheit: «Medizin hautnah» bot realistische Einblicke in den Arztberuf, während Johnson & Johnson MedTech den Jugendlichen zeigte, dass ein Knochenbruch weit mehr als nur einen Gipsverband bedeutet. Fabrizio Fischetti von der HSLU gab einer Gruppe von Schüler:innen einen ersten Einblick, wie sie Puls messen oder wie sie sich Verbände anlegen können. «Es gibt nach wie vor einen enormen Bedarf an Pflegefachkräften, deshalb ist es gut, bereits in der Schule dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken», sagte Fischetti. 

In einem anderen Workshop folgte Schülerin Amelie aufmerksam den beiden Ingenieuren von ABB, die den Teilnehmenden die Welt der Industrieroboter näherbrachten. «Ich hatte das Thema gewählt, weil es spannend klang», sagte sie. Ganz anders die Szenerie bei Swiss-Pilot Jeff Lüscher: Chic in seiner Pilotenuniform präsentierte er seinen Zuhörer:innen, wie der Pilotenberuf wirklich aussieht, welches Wissen dafür nötig ist und welche Ausbildungsprogramme es bereits für Jugendliche gibt. 

Was den Mittwoch auch besonders machte: Die Liste der mitwirkenden Organisationen liest sich wie das «Who is Who» der Schweizer Forschungs- und Industrielandschaft. Von Tech-Giganten wie Google, Schweizer Konzernen wie ABB und Axpo bis zu renommierten Hochschulen wie ETH Zürich oder EPFL. Ergänzt wurde das externe Angebot durch 21 Workshops, die von den eigenen Lehrkräften der Kantonsschule Baden durchgeführt wurden. Mit Begeisterung gaben sie ihr Wissen jenseits des obligatorischen Schulstoffs weiter, von Quantenphysik über Kryptowährungen bis hin zu praktischen Laborexperimenten. 

Vortrag über Luftfahrt im Klassenzimmer

Nachweisbare Wirkung bei der Studien- und Berufswahl 

Ein solcher Tag an einer Schule ist organisatorisch aufwendig, aber er lohnt sich für die Studien- und Berufswahl sowie für die Förderung des Interesses und Verständnisses von MINT-Themen. Und er ist keine einmalige Veranstaltung. Seit 2007 organisiert die SATW TecDays an Schweizer Gymnasien mit messbaren Resultaten, und seit vielen Jahren führt die Kantonsschule Baden regelmässig MINT-Tage durch. Eine aktuelle KOF-Studie belegt, dass Schüler:innen, die an einem TecDay teilgenommen haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit ein MINT-Studium wählen. Und eigene Umfragen der SATW zeigen, dass der TecDay hilfreich für die Fächer- und Studienwahl ist und den Schüler:innen erfolgreich aufzeigt, wie und wo theoretisches Wissen jenseits des Schulstoffs Anwendung findet. 

Neben den Workshops bot der Tag ein spielerisches Rahmenprogramm, bei dem die Schüler:innen in den Pausen Rätsel lösen konnten. Am Nachmittag versammelten sich zahlreiche Schüler:innen wieder in der Aula zu einer letzten Keynote: Die Luft- und Raumfahrtingenieurin Chloé Carrière nahm sie mit auf eine Reise ins All, und zwar auf Englisch, denn Wissenschaft kennt keine Sprachgrenzen. Von Raketentechnik bis zu Marsmissionen: Carrière bewies, dass auch komplexeste Raumfahrttechnik verständlich und lebendig erklärt werden kann. 

Schüler arbeiten konzentriert an einem Projekt